Was sind unsere Bedürfnisse? Was brauchen wir, um zufrieden und glücklich zu leben?
Im Atelier « Our World Our Dignity Our Future » entwickeln sich hitzige Diskussionen unter den TeilnehmerInnen, wenn sie sich bei der Beantwortung dieser Fragen in Gruppen auf vier Dinge einigen, um sie dann dem Plenum vorzustellen. Auch gehen die Meinungen oft weit auseinander, in wieweit die genannten Bedürfnisse überall auf der Welt gleich sind. Dabei zeigt sich regelmäßig, dass bereits die Zwölfjährigen gut über die bestehenden Schieflagen in unserer Welt Bescheid wissen. In den anschließenden Vertiefungsateliers geht es dann ganz aktiv und methodisch vielfältig um die genauere Betrachtung von Themen wie Bildung, Gesundheit, Ernährung, Wasser und Klimawandel. Entgegen jeglicher Resignation geht es dabei um die Frage, was denn jeder einzelne machen kann, um unsere Welt zu verändern gemäß dem afrikanischen Sprichwort der tausend kleinen Schritte, die zusammen die Welt verändern. Dabei ist es wichtig, auch unseren PartnerInnen aus dem sogenannten globalen Süden eine Stimme zu geben.
Seit der Fête de la solidarité 2015 bieten neun luxemburgische NROs diesen halb- bis ganztägigen Workshop an, für Jugendliche und jüngere Erwachsene im formalen und non-formalen Bildungsbereich. Anlass für diese vom Cercle.lu koordinierte Aktivität war die Verabschiedung der Agenda 2030 mit ihren 17 Nachhaltigkeitszielen (kurz: SDGs, für Sustainable Development Goals). Schon bei der Planung des Workshops, aber auch bei der Umsetzung wurden und werden die fünf Kernbotschaften der Agenda 2030 angewendet: Mensch und Planet stehen im Mittelpunkt eines friedlichen Lebens in Wohlstand und Partnerschaft.
Methodisch werden die drei Kriterien des Beutelsbacher Konsens für politische Bildungsarbeit umgesetzt: 1) Die TeilnehmerInnen werden in die Lage versetzt, sich ihre eigene Meinung zu bilden, 2) Die Kontroversität des Themas, der Agenda 2030, wird dargestellt und diskutiert und 3) Der Ablauf wird den jeweiligen TeilnehmerInnen angepasst. Sie werden dabei unterstützt, die politische Situation der Gesellschaft und ihre eigene Position zu analysieren und nach Mitteln und Wegen suchen, sich eigenverantwortlich für eine bessere Welt einzusetzen. In den Evaluierungen kam oft das Echo, dass die Jugendlichen es schätzten, dass ihnen zugehört wurde und ihre Meinung und Ideen in die Handlungsvorschläge einflossen. Ziele des Workshops sind: Die Agenda 2030 kennenzulernen, kritisch zu sehen, zu erkennen, was sie sein kann und mit konkreten Handlungsansätzen den Workshop zu verlassen.
Bei der Agenda 2030 geht es nicht um reines Informieren und Auswendiglernen, es geht um Verstehen und Mut zur Veränderung, es geht um Gestaltung und dafür aktiv zu werden. Die Agenda 2030 ist die Antwort auf die Frage nach den Bedürfnissen der Menschen: „The world we want“ post 2015. Unter dem Arbeitstitel « The Road to Dignity by 2030: Ending Poverty, Transforming All Lives and Protecting the Planet » wurde in weltweiten Konsultationen die Agenda als Kompromiss für einen globalen gemeinsamen Nenner gefunden. Die Agenda 2030 mit den 17 Nachhaltigkeitszielen und 169 Unterzielen ist keine Checkliste, die man als richtig und gemacht abhaken kann, sondern sie generiert Fragen. Sie zeigt einen holistischen, ethischen Ansatz auf, um die Perspektive zu wechseln, um Denkanstöße zu geben, und zwar bei allem, was uns in unseren Handlungen leitet, sei es am Kühlschrank, bei der Arbeit oder in der Freizeit. Das gemeinsame Ziel dabei ist, allen ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen, ohne die Mutter Erde noch mehr zu zerstören, unter dem Leitmotiv: Leave no one behind !
Das 4. SDG dieser internationalen Agenda 2030 strebt hochwertige Bildung für alle an. In dem Unterziel 4.7 heißt es konkret: „Bis 2030 sicherstellen, dass alle Lernenden die notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung nachhaltiger Entwicklung erwerben unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt und des Beitrags der Kultur zu nachhaltiger Entwicklung.“ Dieses Unterziel richtet sich neben Regierungen und institutionellen Bildungseinrichtungen auch ganz klar an die luxemburgischen NROs, die in der Bildungs- und Sensibilisierungsarbeit tätig sind. Mit den hier erwähnten „Lernenden“ sind aber nicht nur Kinder und Jugendliche gemeint. Auch Erwachsenen müssen Bildungsprozesse im Sinne der Agenda 2030 ermöglicht werden.
In der Arbeitsgruppe Zesumme fir d’Agenda 2030 arbeiten deshalb inzwischen mehrere NROs an Sensibilisierungsaktivitäten, die sich an ein breiteres Publikum wenden. Zesumme fir d’Agenda 2030 wird im öffentlichem Raum aktiv, z.B. beim Festival de l’esprit critique. Im Herbst folgt eine Kommunikationskampagne, die den/die einzelne(n) BürgerIn ansprechen wird. Weitere Aktivitäten sind in der Planungsphase. Die Arbeitsgruppe ist keine geschlossene Gruppe, Ideen und InteressentInnen sind herzlich willkommen.
Für die Umsetzung der Agenda 2030 ist die Beteiligung aller erwünscht (und nötig). Aber bisher kennt nur ein kleiner Teil der Bevölkerung das politische Leitprogramm der UNO bis 2030 und kaum jemand erkennt die Absicht in den Ikonen, die die 17 Nachhaltigkeitsziele symbolisieren. Deswegen schlagen die NROs vor, dass die Promotion de la responsabilité globale en tant que citoyen global Teilbaustelle des vom Ministère du Développement durable et des Infrastructures (MDDI) zu erstellenden dritten nationalen Nachhaltigkeitsplan wird. Denn ohne Informationen wird kein Handeln erfolgen. Wir müssen die Veränderungen für eine gelingende Welt von morgen aktiv mitgestalten, indem wir über den Tellerrand gucken und solidarisch handeln. Dafür muss die Agenda 2030 aus der Nische geholt werden und der breiten Öffentlichkeit vertraut gemacht werden, damit sie als gutes, bereicherndes Werkzeug genutzt werden kann.
Julia Georgi und Isabelle Schmoetten arbeiten mit bei Zesumme fir d’Agenda 2030.