Martialische Militärparaden zum Nationalfeiertag, das gibt es in Russland, in China, vielleicht noch in Frankreich. In Luxemburg dagegen hatte der Auftritt des Militärs eher folkloristischen Charakter und wurde sogar über die Jahrzehnte hinweg durch zivile Elemente weiter aufgelockert. Doch die rezente Mobilmachung in den Köpfen macht vor Luxemburg nicht halt, wie sich beim jüngsten Nationalfeiertag zeigte: Auf dem an die Parade anschließenden Armeefest wurden stolz Militärfahrzeuge und Waffen gezeigt sowie mit einem „kameradschaftlichen Umtrunk“ für den Soldat*innen-Beruf geworben. Armeeministerin Yuriko Backes erläuterte, dies sei ein edler Beruf, mit dem unser Land und unsere Freiheit verteidigt würden, weshalb man der Armee den Platz in der Gesellschaft geben wolle, den sie verdiene.
In einem RTL-Interview hieb General Steve Thull in die gleiche Kerbe: Es gebe nichts Edleres, als für Freiheit und Demokratie zu kämpfen. Eine Aussage, die an den Kalten Krieg erinnert – damals war es „der Kommunismus“, der „unsere Werte“ bedrohte, und den Westen „zwang“, aufzurüsten. Wer genauer hinschaut, dem wird allerdings auffallen, dass die Positionierungen und Interventionen der westlichen Staaten in diversen Gebietsstreitigkeiten, Rebellionen und Kriegen fast immer mit ihren geostrategischen Interessen korreliert sind. Da war es nur folgerichtig, die internationale Militäroperation zur Sicherung des Roten Meeres gegen Angriffe der Huthi-Bewegung „Prosperity Guardian“ zu taufen. Schließlich geht es über die Landesverteidigung hinaus bei der neuen „Sicherheitspolitik“ darum, die bestehende Welt-„Ordnung“ sowie die Rohstoff- und Handelsflüsse abzusichern – und an unserem imperialen Lebensstil auf Kosten der restlichen Welt festzuhalten. Dabei will Luxemburg nicht abseits stehen.
Nicht nur in den Köpfen, auch in den Kasernen zeigt sich die Zeitenwende. Luxemburgs Militärausgaben waren lange Zeit im Nato-Vergleich besonders niedrig. Unter dem Druck des Bündnisses hat Luxemburg sich nun verpflichtet, zwei Prozent seines Bruttosozialprodukts (BSP, Revenu national brut) für das Militär aufzuwenden, statt, wie andere Mitglieder, zwei Prozent des (hierzulande besonders hohen) Bruttoinlandsprodukts. Die Ausgaben sind schon jetzt dreimal höher als vor zehn Jahren und sollen weiter steigen. Dabei wird nicht, wie zuvor, in zweifelhafte, aber unkriegerisch anmutende Satellitenprojekte investiert, sondern in das neu aufzubauende luxemburgisch-belgische mittelschwere Aufklärungsbataillon. Dazu gehört die Anschaffung von 60 Panzerfahrzeugen, für die 2,6 Milliarden Euro über 30 Jahre verbucht wurden. Statt wie bisher leichte Infanteriefahrzeuge wird die Armee dann unter anderem über Jaguar-Radpanzer mit 40mm-Kanonen-Bewaffnung verfügen. Zeitenwende bedeutet, in Luxemburg wie anderswo: Das militärische Material wird schwerer, teurer und schmutziger (im Sinne der CO2-Emissionen).
Die Ausgabensteigerung ist eine Absage an das Prinzip der drei D, lange Zeit die Leitlinie der Luxemburger Außenpolitik. Sicherheit sollte erreicht werden durch Development, Diplomacy und Defence – in dieser Reihenfolge. Mittlerweile haben die Militärausgaben das Niveau der Entwicklungskooperation, die sich am Ein-Prozent-BSP-Ziel orientiert, bereits überschritten. Dabei erscheint es zweifelhafter denn je, Sicherheit an erster Stelle militärisch erreichen zu wollen, auf einem Planeten, dem ein Kollaps der Ökosysteme, ein Zerfall der internationalen Institutionen und ein Zusammenbruch des gesellschaftlichen Zusammenhalts droht, einmal ganz abgesehen von dem Risiko einer nuklearen Eskalation zwischen Großmächten.
Symptomatisch ist, dass General Thull die Bedrohung, die vom Klimawandel ausgeht, nicht etwa bezweifelt. Doch in seinen Augen, und wohl auch in denen der politischen Entscheidungsträger*innen, hat die Sicherung des Friedens durch die eigene Stärke absolute Priorität, und so lange „rücken die Fragen, wie man den CO2-Ausstoß reduziert, ganz weit nach hinten“. Auch in Luxemburg geht die als notwendig erachtete Aufrüstung also auf Kosten der Klimapolitik. Der General und auch die meisten Politker*innen verschließen den Blick vor der doppelten Spirale, die so in Gang gesetzt wird: Zum einen heizt die Rüstung der einen jene der anderen auf, zum anderen wird durch die Unterfinanzierung der Klimapolitik die geopolitische Lage noch angespannter, was wiederum noch mehr Aufrüstung rechtfertigt und noch weniger Geld für Klimapolitik übrig lässt.

Quelle: x.com/armeedeterre