Danke, Camille Gira

Ein großer Mensch ist von uns gegangen, mitten in seiner Rede am 16. Mai 2018 vor der Chambre zum neuen Naturschutzgesetz traf ihn der Schlag, drei Stunden später war Camille Gira tot. Für die ASTM war Camille ein Politiker, der globale Zusammenhänge sah und sich aktiv für Belange des Südens einsetzte.

Camille Gira war als Bürgermeister von Beckerich – wie die ASTM – 1995 Mitbegründer des Klima-Bündnis Lëtzebuerg (KBL) gewesen. Ab dieser Zeit war für uns klar: Jedes Jahr im November hatte die ASTM einen Stand auf dem Dritte Welt-Tag in Beckerich, im gleichen Saal Nic Bosseler, wo jetzt Camilles Trauerfeier stattfand. Lange Jahre war er einer der Repräsentanten in der Cellule de Coordination des KBL; sein Wort hatte dort Gewicht. Ab 2004 saß er ein Jahrzehnt im Vorstand des Internationalen Klima-Bündnisses (KBI) – Saß? Nein, irgendwie kann man sich Camille nur stehend, voller „Action“ vorstellen, ein Energiebündel, das immer mit praktischen Vorschlägen diente, aber genauso konzentriert auch anderen zuhören konnte. Er trieb die Interessenvertretung der Gemeinden auf EU-Ebene und den Covenant of Mayors, ein Zusammenschluss von Gemeinden, die die Klimaziele der EU erreichen oder übertreffen wollen, voran.

Nach den Sitzungen des KBI-Vorstands genügte ein kurzer Blick, und es war klar: “Mir ginn nach e Patt huelen“ – woraus dann meistens eine längere Einkehr mit heftigen politischen Disputen und schallendem Gelächter wurde. Camille war eigentlich immer gut drauf, ein positiver Pol in einer Gruppe. Ein Beispiel: Während der KBL-Studienreise 2009 in Ecuador fielen beim Reisebus auf holpriger Landstraße am gebirgigen Abhang der Anden die Lampen aus. Als der Beifahrer bei Anbruch der Nacht mit der Taschenlampe aus dem Seitenfenster heraus den Weg ausleuchten musste, drohte die Stimmung im Bus zu kippen. Doch Camille rettete sie mit seinem Situationswitz, bis alle doch noch heil das Hotel erreichten.

Er verließ den KBI-Vorstand, nachdem er -infolge der Wahlen von 2013 – Staatssekretär im Umweltministerium wurde. In seiner neuen Funktion blieb er weiterhin dem Klima-Bündnis verbunden, so zum Beispiel bei der Jahrestagung des Internationalen Klima-Bündnis 2014 in Luxemburg. Mit Votum Klima, dem NGO-Netzwerk, in dem die ASTM sich stark engagiert, gab es immer wieder intensive und fruchtbare Sitzungen, gemeinsam auch mit Umweltministerin Carole Dieschbourg, wo man zwar oft, “aber auch nicht immer” einer Meinung war. Für Besucher von Partnerorganisationen der ASTM aus Amazonien hatte Camille immer Zeit: Beim Scheunenkino in Koerich im September 2017 sprach er gemeinsam mit Eriberto Gualinga zu den Zuschauern, und die vier Frauen aus Sarayaku traf er im November 2017 in den Räumen der ASTM – es sollte sein letzter Besuch bei uns sein.

Viele Politiker werden auf ihrem Weg nach oben glatt wie Kieselsteine – Camille nicht. Er behielt seine Kanten, er blieb seinen Überzeugungen von einer gerechteren und ökologischeren Welt treu; man konnte ihm vertrauen. Dabei wurde er nicht verbissen oder zynisch, sondern behielt immer seinen Humor und seinen Optimismus.

Camille, wir werden Dich vermissen – aber nicht im Kämmerlein trauern, sondern uns in Deinem Sinne weiter für eine solidarischere Welt einsetzen.

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