Ratifizierung der ILO–Konvention 169

Luxemburg stärkt die Rechte indigener Völker

Action Solidarité Tiers Monde, partage.lu-Bridderlech Deelen, Caritas Luxemburg und Klima-Bündnis Lëtzebuerg begrüssen die Ratifizierung der ILO169-Konvention zum Schutz der Rechte der indigenen Völker. Die Ratifizierung hilft den indigenen ASTM-Partnerorganisationen in Konflikten um ihre Menschenrechte. Insgesamt sind weltweit über 350 Millionen Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern von dieser Konvention der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) betroffen.

 

Warum ist die ILO169- Konvention so wichtig ?

Die ILO-Konvention 169 ist die bis heute einzige internationale Norm, die den indigenen Völkern der Erde rechtsverbindlichen Schutz und Anspruch auf eine Vielzahl von Grundrechten garantiert : Recht auf ein eigenes Territorium, eine eigene Lebensweise, Kultur, Religion und Sprache. Gleichzeitig untersagt sie Diskriminierung im Ausbildungs-, Arbeits-, Gesundheits- und Sozialversicherungsbereich. Den Regierungen, die sie ratifiziert haben, erlegt diese Konvention Mindeststandards im Umgang mit Ureinwohnern und in Stämmen lebenden Völkern auf. Die Partner-NGOs von ASTM, Caritas Luxembourg und partage.lu-Bridderlech Deelen im globalen Süden sind immer wieder mit Verletzungen der Rechte indigener Völker konfrontiert und haben seit Jahren darauf gedrängt, dass mehr Staaten die ILO-Konvention 169 ratifizieren, um ihr mehr Gewicht zu verleihen.

 

Der lange Marsch zur Ratifzierung in Luxemburg

Über fünf Jahre hat es gedauert : Am 27.2.18 stimmte die Chambre des Députés am Krautmarkt endlich mit 58 Ja-Stimmen gegenüber 0 Enthaltungen und 0 Nein-Stimmen dafür, dass Luxemburg – als 23.Staat – die ILO-Konvention 169 zum Schutz der Rechte der indigenen Völker ratifiziert. Nun hat Luxemburg zwar keine indigenen Völker, aber jeder Staat, der diese Konvention ratifiziert, stärkt die Rechtsposition indigener Völker in Konflikten um Ressourcen, Land und Wasser in ihren Ländern.

Alles begann am 14.5.2012 mit einer Resolution des Klima-Bündnis Lëtzebuerg auf Vorschlag der ASTM als Nord-Süd-Koordination, in der das Klima-Bündnis die Regierung zur Ratifizierung aufforderte. Es folgten fünf Jahre des Bohrens dicker Bretter: mit einer Motion der Chambre, diversen Parlamentarischen Anfragen, weiteren Resolutionen von Klima-Bündnis Lëtzeburg und Klima-Bündnis International und etlichen Schreiben an etliche Minister.

Caritas Luxembourg und partage.lu-Bridderlech Deelen, die beide ebenso viel Erfahrung mit indigenen Partnern haben, informierten gemeinsam mit der ASTM die Öffentlichkeit über Info-Stände, Presseartikel, Interviews, Veranstaltungen in Schulen und öffentliche Aktionen. Das Netzwerk VotumKlima und der Cercle des ONGDs unterstützten sie mit ihren Veröffentlichungen.

 

Ein neues politisches Momentum

Für ein neues politisches Momentum sorgte die internationale Klimapolitik, denn der Schutz der Rechte der Indigenen schützt die Regenwälder und damit das Klima. Umweltministerin Carole Dieschbourg reihte sich ein in die Reihe der Unterstützer mit ihrem öffentlichen Daumenabdruck zugunsten der ILO.
Schließlich stimmte der zuständige Arbeitsminister Nicolas Schmit erst in einem internen Gespräch im September 2016 und dann am 15.11.16 vor der nationalen Presse der Ratifizierung zu im Beisein von Katamy Krahô-Kanela, eines indigenen Vertreters Brasiliens (siehe Foto auf S.37).

Damit war der Instanzenweg beschritten: Im April 2017 stimmte der Regierungsrat zu, dann nach und nach die verschiedenen Kammern und der Staatsrat. Mit der positiven Entscheidung der Parlamentskommission für Arbeit am 1.2.18 war der Weg frei für die entscheidende Abstimmung in der Chambre am 27.2.18.

Der lange Marsch zur Ratifzierung wäre nicht möglich gewesen ohne gute Argumente, Beharrlichkeit und Nutzung der gesamten Klaviatur von Bildungs-, Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit… und der gemeinsamen Anstrengungen vieler Organisationen.

Auszüge aus der Debatte der Parlamentssitzung vom 27. Februar 2018:

Hier Auszüge aus der Debatte der Parlamentssitzung vom 27. Februar 2018: http://www.chd.lu/ArchivePlayer/video/2115/sequence/97705.html

In der Sitzung waren 58 der 60 Abgeordneten anwesend. Nach dem Berichterstatter Georges Engel sprach jeweils einer für seine Fraktion : Georges Engel stimmte für die LSAP der Ratifizierung zu, desgleichen Aly Kaes für die oppositionelle CSV und André Bauler für die DP.

Claude Adam von Déi Gréng betonte die aktive Rolle der Zivilgesellschaft, insbesondere ASTM, Caritas Luxembourg, partage.lu und Klima-Bündnis. Er ging auch auf die Ablehnung der Ratifzierung in Deutschland ein, was die damalige Regierung damit begründete, dies könne Haftungs- und Prozessrisiken für deutschen Firmen zur Folge haben ; seine Partei sehe dies aber anders, denn Investoren könnten ihre Verantwortung nicht einfach auf die Staaten dort ablegen. Er betonte auch die positiven Auswirkungen auf den Klimaschutz und hoffte, dass andere Staaten dem Beispiel Luxemburgs folgen.

Fernand Kartheiser von der oppositionellen ADR stimmte für seine Fraktion zu (« Wir können damit leben. »), da sie vor allem symbolischen Charakter habe, und trug etliche Bedenken vor, insbesondere in Bezug auf die implizite Zustimmung zu « kollektiven Rechten » und die Auswirkungen auf Luxemburger Firmen und die Entwicklungshilfe.

Marc Baum von Déi Lenk wandte sich dagegen, dass dies reine Symbolik sei, sondern meinte, dass unter anderem der staatliche Pensionsfonds die Einhaltung indigener Rechte als Kriterium für seine Beteiligungen anwenden müsse. Er betonte, dass die Ratifizierung ein Verdienst der Zivilgesellschaft sei, vor allem von ASTM, Klima-Bündnis, Caritas Luxembourg und partage.lu und erwarte nun von der Regierung, zeitnah weitere Konventionen auf den Weg der Ratifizierung zu bringen.

Das Schlusswort hatte der zuständige Arbeitsminister Nicolas Schmit. In einer fulminanten und argumentativ starken Rede wies er den allein symbolischen Charakter der Ratifizierung zurück, sondern legte mit inhaltlichen Begründungen kräftig nach: Er hatte die Gelegenheit, einen Indigenen aus Brasilien direkt zu sprechen und war erschüttert von seinen Schilderungen.
Die Realität vor Ort sei erschreckend. « Dafür ist dies ein politisches Signal, dass dies auch hier als reales Problem gesehen wird. Oft werde gesagt, wirtschaftliche Interessen haben Vorrang, aber es sei unerträglich, wenn dies zur Bedrohung, ja Massakrierung Indigener zur Folge habe. Diese Menschen sind Teil des Erbes der Menschheit. Das ist die unsere erste Botschaft. »…
« Indem wir die Rechte dieser Indigenen verteidigen, verteidigen wir auch unsere eigenen Lebensgrundlagen, die Wälder und das Klima. Wir sind « one world » ». … Wir müssten effektiv wissen, wozu wir uns hier engagieren. Natürlich habe dies auch im Extremfall rechtliche Konseqenzen. « Ich will nicht, dass eine luxemburgische Firma an ökonomischen Aktionen teilnimmt, die ganz nah an Verbrechen gegen die Menschlichkeit liegt. Das ist nicht akzeptabel. Wenn dies doch der Fall ist, dann müssen auch rechtliche Schritte möglich sein, gegen eine solche Firma hier in Luxemburg vorzugehen. Dies gehört auch zum Ruf von Luxemburg. Vielen Dank.»

 

Gemeinsame Pressekonferenz von Arbeitsministerium, ASTM / Klima-Bündnis, Caritas und Bridderlech Deelen am 15.11.17 im Arbeitsministerium

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