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[ justice climatique | Klimagerechtigkeit | climate justice ]

Das Konzept wurde weithin verwendet, um auf die ungleiche historische Verantwortung hinzuweisen, die Länder und Gemeinschaften im Zusammenhang mit der Klimakrise tragen. Es besagt, dass die Länder, Industrien, Unternehmen und Menschen, die durch den Ausstoß großer Mengen an Treibhausgasen reich geworden sind, die Verantwortung haben, diejenigen zu unterstützen, die vom Klimawandel betroffen sind, insbesondere die am stärksten gefährdeten Länder und Gemeinschaften, die oft am wenigsten zu der Krise beigetragen haben.

Selbst innerhalb eines Landes können die Auswirkungen des Klimawandels aufgrund struktureller Ungleichheiten, die auf Rasse, ethnischer Zugehörigkeit, Geschlecht und sozioökonomischem Status beruhen, ungleich verteilt sein. Die Kinder und Jugendlichen von heute haben nicht wesentlich zur Klimakrise beigetragen, werden aber im Laufe ihres Lebens die Auswirkungen des Klimawandels voll zu spüren bekommen.1

Der Blickwinkel der Klimagerechtigkeit zeigt, dass die Klimakrise untrennbar mit politischer, sozialer und wirtschaftlicher Ungleichheit weltweit verbunden ist.

 

[ racisme environnemental | Umweltrassismus | environmental racism ]

Umweltrassismus beschreibt die überdurchschnittliche Belastung von BIPoC-Communities (Schwarze Menschen, indigene Menschen und Menschen of Color) durch Umweltverschmutzung.

Der Begriff Umweltrassismus wurde in den 80er Jahren von schwarzen Umweltaktivist*innen in den USA geprägt. Ausgangspunkt der Umweltgerechtigkeitsbewegung war der Bau einer Giftmülldeponie in einer Kleinstadt im Bundestaat North Carolina. Nachdem sich weiße Bevölkerungsgruppen gegen den Bau gewehrt hatten, kam die Giftmülldeponie in eine mehrheitlich schwarze Nachbarschaft, trotzt deren mehrjähriger Proteste. Dabei wurde Umweltrassismus schon früh als globales Phänomen verstanden, das sich auch in dem Export von Giftmüll und riskanten Technologien in Länder des Globalen Südens ausdrückt.

Die Folgen des Klimawandels verstärken bereits bestehende Effekte von Umweltrassismus sowohl in Ländern des Globalen Südens als auch im Globalen Norden. Beispiel Hitzewellen: in Großstädten wie New York und Chicago ist die Sterblichkeitsrate von schwarzen Menschen während Hitzewellen doppelt so hoch wie die von weißen Menschen. Auch für Deutschland zeigen erste Studien, dass Menschen mit sogenanntem Migrationshintergrund Hitzewellen disproportional höher ausgesetzt sind.2

 

[ Sud global | Globaler Süden | global South ]

Ein traditionell innerhalb von Regierungs- und Entwicklungsorganisationen verwendetes Konzept, das sich auf wirtschaftlich benachteiligte Nationen bezieht, wie z. B. ehemals kolonisierte Nationen in Lateinamerika und Afrika, aber auch im Nahen Osten, in Brasilien, Teilen Asiens und Indiens.

Im Rahmen des Brennpunkts beziehen wir uns auf die geografisch fließende Definition, die von Akademikern und Aktivisten verwendet wird. Der Globale Süden bezieht sich auf Menschen und Räume auf der ganzen Welt, die vom (neo-)kolonialen und globalisierten Kapitalismus negativ betroffen sind. Dies umfasst die Schaffung des Globalen Südens (der Bevölkerungsgruppen) im geografischen Globalen Norden und die Entwicklung des Globalen Nordens (der Bevölkerungsgruppen) im geografischen Globalen Süden. Dieser Begriff berücksichtigt eine „entterritorialisierte Geografie der externen Effekte des Kapitalismus und der Mittel, um die unterworfenen Völker innerhalb der Grenzen der reicheren Länder zur Rechenschaft zu ziehen”. Es ist wichtig anzumerken, dass trotz des Konzepts der geografischen Fluidität der Globale Süden (die Bevölkerung) weitgehend im geografischen Globalen Süden konzentriert ist.

In dem Maße, in dem sich die Globalen Süden gegenseitig anerkennen und ihre Gemeinsamkeiten erkennen, erhält der Globale Süden eine dritte Bedeutung, nämlich die einer globalen politischen Gemeinschaft.3

 

[ Nord global | Globaler Norden | global North ]

Traditionell bezieht sich dieser Begriff auf die reichen und mächtigen Nationen Westeuropas, der USA, Kanadas und des Vereinigten Königreichs, umfasst aber auch Singapur, Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Für die Zwecke des Brennpunkts beziehen wir uns auf einen geografisch fließenden Begriff: die Bevölkerungen (hinter Nationen, Unternehmen und Institutionen), die Ressourcen, Reichtum, Finanzmittel, Netzwerke und/oder Entscheidungsprozesse besitzen und kontrollieren.

Es ist wichtig zu erkennen, dass der Globale Norden (Bevölkerungsgruppen) im geografischen Globalen Norden konzentriert ist.

 

Fausses solutions / Falsche Lösungen / False solutions

 

[ technosolutionnisme | Technologiegläubigkeit | solutionism ]

Der englische Begriff solutionism bezeichnet die Annahme, man könne die Klimakrise ausschließlich mit technischen Lösungen bewältigen. Der dabei vermittelte Optimismus steht im Widerspruch zu den in der Realität weltweit weiter steigenden enormen Treibhausgasemissionen. Technisch ermöglichte Energieeinsparungen wurden bisher von dem insgesamt weitaus stärker ansteigenden Energiebedarf „aufgefressen“. Technologie spielt zwar eine wichtige Rolle bei der Reduzierung von Treibhausgasen, aber technologische Lösungen alleine reichen keinesfalls aus um die Pariser Klimaziele einzuhalten. Auch werden beim solutionsm die unsichtbaren Kosten technologischer Lösungen für Umwelt und Menschen, insbesondere in Ländern des Globalen Südens, ausgeklammert.

Die Einsatzreife einiger Technologien liegt zudem noch in weiter Ferne, z.B. Technologien des geoengineering, die mit technischen Mitteln ins Klimasystem eingreifen. Sowohl ihre Umsetzbarkeit, Wirksamkeit als auch ihre sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Risiken sind heute noch unklar. Das Vertrauen darauf, dass zukünftige Technologien das Klimaproblem lösen, verzögert heute dringend notwendige klimapolitische Maßnahmen.

 

[ effet de rebond | Rebound-Effekt | rebound Effect ]

Als Rebound-Effekt wird das Phänomen bezeichnet, dass zwar an einer Stelle durch nachhaltigeres Handeln oder energieeffizientere Technik Energie eingespart wird, gleichzeitig aber an anderer Stelle durch Mehrkonsum oder Verhaltensänderung mehr Energie verbraucht wird.

Wenn, zum Beispiel, jemand ein energieeffizienteres Auto kauft und jetzt viel öfter damit fährt als vorher, da es ja weniger Kraftstoff als vorher benötigt. Oder es werden eingesparte Energiekosten genutzt, um zusätzlichen Energieverbrauch zu finanzieren: wenn, zum Beispiel, nach dem Kauf eines effizienteren Autos Kraftstoff eingespart wird und das gesparte Geld dann für eine Flugreise genutzt wird. Rebound-Effekte entstehen durch finanzielle Einsparungen oder durch moralische Rechtfertigung.

 

[ « croissance verte » | „Grünes Wachstum“ | “green Growth“ ]

Dem Begriff liegt die Vorstellung zugrunde, Wirtschaftswachstum könne ohne Ressourcenverbrauch und Umweltschäden stattfinden. Somit sei unbegrenztes Wachstum möglich. Das Narrativ vom „Grünen Wachstum“ suggeriert damit, dass der aktuelle energieintensive Lebensstil in Luxemburg und in Europa weiter fortgeführt werden kann und sogar mit Klimaschutzzielen vereinbar ist.

„Grünes Wachstum“ ist ein höchst irreführendes Ziel. Es gibt keine empirischen Belege dafür, dass eine solche vollständige Entkopplung des Wirtschaftswachstums von Umweltbelastungen auf globaler Ebene überhaupt erreicht werden kann. Auch zeigen wissenschaftliche Studien, dass selbst wenn eine solche „Entkoppelung“ möglich wäre, sie nicht schnell genug erreicht werden könne, um eine globale Erwärmung von mehr als 1,5°C oder 2°C zu verhindern.4 In der Klimapolitik kann der Begriff Teil von Verzögerungsdiskursen sein und für Greenwashing genutzt werden. Das Versprechen des „Grünen Wachstums“ lenkt davon ab, dass die Klimakrise dringend wirtschaftsweite systemische Veränderungen erfordert.

 

[ « compensation carbone » | „Klimakompensation” | “carbon offsetting” ]

Klimakompensation bezeichnet die Idee, dass Unternehmen, Länder und auch Einzelpersonen die Emissionen, die sie verursachen, ausgleichen können. Das soll durch Projekte, bei denen Emissionen eingespart oder der Atmosphäre entzogen werden, geschehen, zum Beispiel durch Waldschutz- oder Wiederaufforstungsprojekte. In der Realität ist ein Großteil der Klimakompensationsprojekte jedoch wirkungslos, sie sparen kaum CO2 ein und leisten somit keinen Beitrag zum Klimaschutz.5

Im Gegenteil: durch Klimakompensation werden Unternehmen und Länder des Globalen Nordens aus ihrer Klimaverantwortung entlassen und können weiterhin enorme Emissionen ausstoßen, anstatt durch direkte Treibhausgaseinsparungen tatsächlich wirksamen Klimaschutz umzusetzen. Dennoch werden Klimakompensationsprojekte weiterhin als Finanzquelle für den Globalen Süden angepriesen.

[ colonialisme carbone | Kohlenstoffkolonialismus | carbon colonialism ]

Ein Begriff, der manchmal verwendet wird, wenn reiche Länder ihre Verantwortung zur Emissionsminderung an Entwicklungsländer „auslagern“.6

 

[ « neutre en carbone » | „Klimaneutral“ | “carbon neutral“ ]

„Klimaneutrales Fliegen“, „CO2-neutraler Kaffee“ und „klima-positiver Babybrei“ – ein solches Siegel bedeutet nicht, dass bei der Herstellung des Produkts keine Emissionen freigesetzt wurden. Sondern nur, dass das Unternehmen damit wirbt, die Emissionen durch Kompensationsprojekte auszugleichen.

Umwelt- und Verbraucherschutzverbände kritisieren „Klimasiegel“ als Verbrauchertäuschung und Greenwashing, da die meisten Klimakompensationsprojekte wirkungslos sind (siehe „Klimakompensationsprojekte“ im Glossar).


Notes:

1 United Nations Development Programme, Climate change is a matter of justice – here’s why, 30. Juni 2023, https://climatepromise.undp.org/news-and-stories/climate-change-matter-justice-heres-why (abgerufen am 8. Dezember 2023).
2 Ituen, I., Tatu Hey, L., „Der Elefant im Raum, Umweltrassismus in Deutschland. Studien, Leerstellen und ihre Relevanz für Umwelt- und Klimagerechtigkeit“, Heinrich Böll-Stiftung, November 2021.

3 Mahler, A. G., „Global South.”, Oxford Bibliographies in Literary and Critical Theory, herausgegeben von O’Brien, E., Oxford University Press, New York, 2017.

Hickel, J., Kallis, G., „Is Green Growth Possible? “, New Political Economy, Band 25, Nr. 4, 17. April 2019, S. 469-486, https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/13563467.2019.1598964 (abgerufen am 15. November 2023) und

Parrique, T., Barth, J., Briens, F., Kerschner, C., Kraus-Polk, A., Kuokkanen, A., & Spangenberg, J. H., „Decoupling Debunked: Evidence and arguments against green growth as a sole strategy for sustainability”, European Environmental Bureau, 8. Juli 2019, https://eeb.org/library/decoupling-debunked/ (abgerufen am 15. November 2023).

 

Siehe dazu unter anderem: Lakhani, N., „Revealed: top carbon offset projects may not cut planet-heating emissions”, The Guardian, 19. September 2023, https://www.theguardian.com/environment/2023/sep/19/do-carbon-credit-reduce-emissions-greenhouse-gases (abgerufen am 15. November 2023).

Greenfield, P., „Revealed: More than 90% of rainforest carbon offsets by biggest certifier are worthless, analysis shows”, The Guardian, 18. Januar 2023, https://www.theguardian.com/environment/2023/jan/18/revealed-forest-carbon-offsets-biggest-provider-worthless-verra-aoe (abgerufen am 15. November 2023).Dunne, D., Gabbatiss, J., Glossary: Carbon Brief’s guide to the terminology of carbon offsets“, Carbon Brief, 25. September 2023, https://interactive.carbonbrief.org/carbon-offsets-2023/glossary.html (abgerufen am 15. November 2023).